12.10.2007
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Schwere Vorwürfe gegen Boeing |
Vincent Weldon war 46 Jahre bei Boeing in leitender Position beschäftigt. Seit letztem Jahr ist er im Ruhestand. Nun prangert er öffentlich seinen ehemaligen Arbeitgeber an, dass die neue Boeing 787 "Dreamliner" unsicher wäre. Die Bedenken der Ingenieure seien vom Management ignoriert worden, um den engen Zeitplan zu halten. Diese Anschuldigung trifft Boeing zu einem schlechten Zeitpunkt: die Auslieferung der 787 scheint sich weiter zu verzögern (siehe Artikel Probleme bei Boeing)
Von konservativ zu supermodern
Boeing galt lange Zeit als sehr konservativer Hersteller. Man versuchte über Jahrzehnte möglichst wenig an den Flugzeugen zu ändern, das spart Entwicklungskosten und vermindert die Gefahr von Konstruktionsfehlern. So ist der Rumpf des Verkaufserfolges B737 immer noch fast vollständig identisch mit dem der B707, des ersten amerikanischen Düsenjets überhaupt aus den fünfziger Jahren. Der Dreamliner ist das modernste und revolutionärste Flugzeug überhaupt und so ist es nicht verwunderlich, dass ein langjähriger Boeing-Veteran damit Probleme hat.
Was passiert wenn Feuer ausbricht
Weldon nennt einige Beispiele, warum er den Dreamliner für unsicher hält. Allerdings belegt er seine Aussagen nicht durch Berechungen oder Fakten wie man es von einem Ingenieur erwarten würde. Eines seiner Argumente betrifft die möglichen Folgen einer Bruchlandung. Was passiert wenn das Flugzeug nach einem harten Aufprall Feuer fängt? Bei einem herkömmlichen Flugzeug aus Aluminium verformt sich der Rumpf zwar beim Aufprall, schützt eventuell überlebende Passagiere aber weiterhin vor Feuer. Bei einem Rumpf aus Kohlefaser - wie beim Dreamliner - würde das spröde Material Risse bilden und der Kunststoff selbst Feuer fangen.
Besondere Tests schon angeordnet
Um die Sicherheit der 787 nachzuweisen hat die FAA bereits zusätzliche Aufpralltests angeordnet. Ein Testrumpf wurde aus fast 5 Metern Höhe auf eine Stahlplatte fallengelassen. Der Aufprall entspricht dem mit der maximalen Sinkgeschwindigkeit im Landeanflug. Die Passagiere dürfen dabei nicht über ihre physischen Grenzen hinaus belastet werden. Die Ergebnisse entsprechen den durch Computersimulationen vorhergesagten Resultaten. Boeing darf daher auf diese Berechungen zurückgreifen, um weitere Crash-Szenarien durchzuspielen. In einem anderen realen Test muss wie bei jedem Flugzeugtyp nachgewiesen werden, dass nach einem Brand fünf Minuten verbleiben um die Passagiere sicher zu evakuieren. All dies missfällt dem Ex-Mitarbeiter von Boeing.
FAA und JAA sind gefragt
Ein absolut sicheres Flugzeug gibt es nicht, nur eines, das alle vorhandenen Risiken auf ein Minimum reduziert. Bei der Zulassung sind die Flugsicherheitsbehörden FAA (USA) und JAA (Europa) gefragt. Sie müssen auch bei den neusten Typen immer dafür sorgen, dass neue Technologien nicht auf Kosten der Sicherheit eingeführt werden. Eins darf man dabei aber nicht vergessen: Die große Mehrzahl aller Flugzeugabstürze werden immer noch durch menschliches Versagen verursacht. Schlecht ausgebildete Piloten unter Zeitdruck der Fluggesellschaft und schlecht gewartetes, überaltertes Fluggerät sind die größten Gefahren im Luftverkehr.
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